Die Früh- und Entstehungsgeschichte
Rund um den Ort Wetzen sind viele archäologische
Funde zutage getreten, deren zeitliche Stellung von
der Steinzeit bis hin zur Frühgeschichte reicht.
Eine Großzahl dieser archäologischen Funde kann im
Hamburger Museum für Archäologie, dem Helms-
Museum, besichtigt werden. Das wohl einducks-
vollste steinzeitliche Grabmonument aus dem
jüngeren Abschnitt der Steinzeit, dem Neolithikum,
wurde 1964 von W.Wegewitz an der Grenze zu Raven
auf dem Strietberg ausgegraben.
Hühnengrab
Auch in der römischen Eiszeit, den Jahrhun-
derten vor Christi Geburt, wurde dieses Grab noch für
Nachbestattungen genutzt. Urnenscherben, die in der
unmittelbaren Umgebung dieses Grabes gefunden
wurden, bestätigen diese Vermutung.
Aus der darauffolgenden Bronzezeit, ca. 1700 bis 800
vor Christus, gibt es eine ganze Reihe von Funden in
der Gemarkung Wetzen. Der überwiegende Teil dieser
Funde stammt aus Grabhügeln in Sandgruben entlang
der Luhe. Aus einem dieser Grabhügel konnten vier
Fußreifen, ein Armreif, zwei Nadeln sowie mehrere
Glas- und Bernsteinperlen geborgen werden. Durch
das Helms-Museum wurde zu Beginn der 70er Jahre in
der Gemarkung Wetzen am östlichen Luheufer eine
Siedlung aus der vorrömischen Eisenzeit (zwischen 700
und Christi Geburt) ausgegraben.
Bei Erdarbeiten im Winter 1960 wurden östlich der Luhe
ein Urnenfriedhof entdeckt. Dieser Urnenfriedhof
stammt aus dem 1. Jahrhundert vor Christi Geburt und
findet seine Fortsetzung in dem Urnenfriedhof der
älteren römischen Kaiserzeit in Putensen, dem soge-
nannten Langobardenfriedhof, die zeitgleich in dieser
Region siedelten. Aus all´ diesen Siedlungen und Grab-
funden läßt sich schlußfolgern, daß die Wetzener
mindestens bis in die ersten Jahrhunderte nach Christi
Geburt die feuchten Luhetäler als Siedlungsgebiete
bevorzugten, da offensichtlich nur hier nach damaligen
Verhältnissen Ackerbau betrieben werden konnte.
Ein erheblicher jüngeres Geländedenkmal sollte unbe-
dingt noch erwähnt werden, weil daraus zu erkennen
ist, daß der Wetzener Bürger der Frühzeit sich nicht
wesentlich vom heutigen Wetzer Bürger unterscheidet.

Es handelt sich hier um den Klostergraben in der Gemar-
kung Wetzen. Spätestens seit dem Mittelalter besaß
Wetzen eine sogenannte "Allmende", die von allen Dorf-
bewohnern gemeinsam genutzt wurde. Von dort wurde
das Brennholz geholt und auch die Schweine wurden
dorthin zur Mast getrieben. Wenn zur damaligen Zeit
jemand ein Stück Land als sein Eigentum kennzeichnen
wollte, so zog er einen Graben um diese Stück. Ausge-
rechnet die Klosterkammer des Lüneburger Michaelisklo-
sters versuchte den Wetzern ihre Allmende zu stehlen,
indem sie begann, einen Graben um dieses Stück Land zu
errichten. Die Wetzener, ureigentlich ein friedliches Volk,
begnügten sich zunächst damit, den Lüneburger Ein-
dringlingen die Arbeitsgeräte heimlich zu stehlen. Als sie
allerdings feststellten mußten, daß diese Maßnahmen
nicht fruchteten, da immer neue Arbeitsgeräte beschafft
wurden, erwuchs in den Wetzern der angeborene
Kampfgeist; denn niemand stiehlt den Wetzenern etwas
ungestraft. Sie bewaffneten sich mit Forken, Sensen,
Äxten und Knüppeln und vertrieben die Diebe aus Lüne-
burg.
Der teilfertiggestellte Klostergraben ist noch heute in
der Gemarkung Wetzen deutlich zu erkennen.
Urkundliche Erwähnung fand Wetzen erstmals am 17.
November 1192 in einer Schenkungsurkunde.
Heinrich der VI. (1190 - 1197) Kaiser des HI. Römischen
Reichs Dt.Nation, beauftragte am 17.November 1192
seinen Kanzleichef, eine Schenkungsurkunde für
Bischof Rudolf des Bistums Verden auszustellen, in
welcher er als Dank für die dem Altkaiser Barbarossa
geleisteten Dienste, auch die Höfe von Wetzen an den
Bischof verschenkte.
Die z.T. noch heute existenten Höfe gründeten sich in
der Zeit um 1580/1600. Wenn auch die Hofnamen
gewechselt haben, so sind uns dennoch die damaligen
Gründernamen gut bekannt.
  1. Vagts - Rüter - Herren-Vollhof
    1600 Peter Vogt / Dachtmissen
  2. Lopes - Engel/Jürgensen/Pankratz
    Herren-Vollhof 1588 Hans Lopau
  3. Blanken - Blank - Herren-Halbhof
    1648 Hans Blancke/Kirchgellersen
  1. Warmers - Kröger/Koch - Herren-Halbhof
    1563 Hans Warner
  2. Thees - Wölper / Cordes 2/5 Hof
    1616 Thies Kröger
  3. Lemcken - Schlüter - 2/5 Hof
    1563 Dirik Lempken
  4. Lühmann - Meyer/Wille - 3/5 Hof
    1330 Lüdemann v.d. Sülten (Lüneburger Patrizier)
  5. Smäs - Warner - Abtrennung v.Nr.3
    1563 Hans Schmedt
Der Hof Nr.8 wurde etwa im Jahre 950/1000 vom Hof
Nr.3 für einen nachgeborenen Sohn abgetrennt und
wurde damals als Köthe (Kathe) bezeichnet. Weiterhin
wurde das Dorf von zwei Hirtenfamilien bewohnt und
zählte somit über mehrere hundert Jahre ca. 80
Einwohner.

Aus einem Amtslagerbuch des Amtes Winsen von 1681
entnommen wollen wir am Beispiel des Warmer
(Kröger)-Hofes die damaligen Verhältnisse in der Land-
und Viehwirtschaft aufzeigen:
Auf dem heutigen Koch-Hof wurden um 1681 auf
einer Fläche von ca. 50 Morgen 140 Ackerstücke
bewirtschaftet. Zum Hof gehörten zwei Pferde, 18
Rinder, sechs Schweine und 84 Schafe. Die Pferde
wurden in der Holzwirtschaft und die Rinder z.T. als
Zugochsen in der Landwirtschaft eingesetzt. Um die
Schafe kümmerten sich die Hirtenfamilien (Schäfer),
die nebenbei aus der Schafwolle Strümpfe strickten,
die später ein Höcker in Wetzen abholte und dann in
Lüneburg oder Hamburg verkaufte.
Die weitere Einnahmequelle ergab sich aus dem
Verkauf von Honig und Wachs, woraus dann auch
folgender Spruch geprägt wurde:
"De Immen und de Schap ernährt dan Burn in Slap".
Sehr gegenläufig wird in alten Überlieferungen
berichtet, daß der Bauer sich Häufig krank und auch zu
Tode arbeitete. Die Lebenserwartung der damaligen
Viehzüchter und Landwirte war nicht gerade hoch, zu-
mal die äußeren Umstände nicht besonders zur Gesund-
heit beitrugen. So schliefen z.B. Bauern, Knechte und
Magd in den allermeisten Fällen gemeinsam mit dem


Vieh in einer nur schlecht beheizten Behausung. Die
Folge war häufig die sogenannte "Schwindsucht", der
viele Menschen zum Opfer fielen. Da es zur damaligen
Zeit, einmal abgesehen von einigen Hausmitteln, so
gut wie keine Medizin und ärztliche Betreuung gab,
endete diese Krankheit meist tödlich.
Krögersche Hof
Ganz anders dagegen betrachtet der "Ehren-Pastor"
zu Raven seine Schäflein:
"Wenn die Buren nicht so oft nach Lüneburg führen,
um dort in den Krügen Karten zu schlagen oder gar in
den Häusern der schönen, freigiebigen Frauen ihr
mühsam erarbeitetes Geld zu verschleudern, sondern
den Mist, den ihre Pferde dabei verlieren, ihren
mageren Äckern zugute kommen ließen, dann
könnten sie wohl eher Bauern sein und brauchten
nicht so viel zu stöhnen." (Zitat aus einem Vortrag zur
800-Jahr-Feier von Dr.F.W.Reineke)
In den Jahren nach der Besetzung durch die Franzosen
(nach 1813) begann das Jahrtausendwerk der Bauern-
befeiung. Dies alles fand unter den Druck von
einsichtigen englischen Beamten statt und hatte seinen
Beginn in der Festlegung der Dorfgrenzen. Bis dahin
bewirtschaftete jeder die Ländereien, wie es ihm
paßte und vor allen Dingen so, wie er es immer
gewohnt war. Wetzen erhielt bei dieser "Gebietsre-
form" eine Feldmark von 4886 Morgen.
Die Folge dieser Reform war dann 1852 die sogenannte
Verkoppelung, in der die vielen kleinen Ackerstreifen
zu bearbeitenswerten Großäckern zusammengelegt
wurden. Die neu entstandenen Flächen wurden dann
nach Kuhweidenwerten (ein "Kuhweidenwert" war die
Fläche, von der man annahm, daß sie ein Rind über den
Zeitraum von einem Jahr voll ernähren konnte) an die
einzelnen Bauern verteilt. Wer nun über Jahre pfiffig

gewesen war und die Haltung einiger Tiere
verschwiegen hatte und somit für diese auch keine
Steuern an den Herrscher abgeführt hatte, mußte nun
bei der Verkopplung bitter bluten, da er für die
"schwarz gehaltenen" Tiere auch keine Ackerflächen
zugewiesen bekam.
Im Zuge dieser ersten Gebietsreform wurden die
Bauern erstmals zu freien Eigentümern (spätere
Gebietsreformen verliefen nicht so glücklich).

Zu Ruhm und Ansehen wäre Wetzen beinahe durch
eine geplante Eisenbahnlinie gekommen, die eine
Anbindung nach Hamburg, Bremen und Berlin
herstellen sollte. Der Verlauf war im Lopau-Luhetal
geplant und sollte auch Wetzen einen Bahnhof
bescheren. Das Unternehmen scheiterte jedoch am
Einspruch der Lüneburger Frachtwerker, die damit
ihr Unternehmen schwinden sahen.
Meyer/Jürgensen Hof
Ab 1784 vergrößerte sich Wetzen durch Gründung
folgender Abbauernstellen: 1784 F.H. Bergmann
(Lorke), 1813 H.H. Lemcke (Müller,später Rottmann),
1826 H.C. Bergmann (Vogts, Kühn, heute Mensing),
1840 P.Ch.Rüter (Willi Koch). Die Nr.13, heute Hein-
rich Vogt, war von 1822 bis 1869 das erste dorfeigene
Schulgebäude. Danach wurde es von Jürgen Heinrich
Vogt aus Rolfsen übernommen und als Abbauernstelle
gegründet. 1825 kamen H.H. Heuer (wurde durch
Georg Lühmann neu aufgebaut, später Hermann

Cordes) und 1852 J.P.Otte (Karl Petersen) als Abbauern
hinzu. Somit hatte Wetzen im Jahre 1910 in 20 Häusern
161 Einwohner.
Die höchste Einwohnerzahl erreichte Wetzen mit 325
Einwohnern im Jahre 1950 durch den Zuzug der
Ostflüchtlinge. Heute zählt Wetzen 261 Einwohner,
die sich schon lange nicht mehr alle aus der Landwirt-
schaft ernähren. Jedoch die Höfe Nr.1 bis 8 und
weitere existieren in der Grundsubstanz noch heute,
wenn auch nur fünf von ihnen aktiv Landwirt-
schaft betreiben.
In den frühen Jahren war ein intakter Hof ohne Schweine-
zucht unvorstellbar. Die Schweine wurden während des
Tages durch den Schweinehirten in der Allmende gehü-
tet. Das Schwein galt als vielgräßiges, häßliches Tier; doch
als "notwendiges Übel" war es nicht wegzudenken.
Zur zeit der Hausschlachtung legte man sehr viel Wert
auf fette Schweine, da man sich auf diese Weise die für
die harte Landarbeit notwendigen Kalorien zuführte.
Auch für den Verkauf eigneten sich diese Schweine
(sehr im Gegensatz zu heute) ganz hervorragend. Da
die Schweinemast ein lohnendes Geschäft war und
auch für den Eigenbedarf unabdingbar war, hielt nicht
nur jeder Bauer, sondern auch die "Häuslinge", je nach
Möglichkeit, kleinere oder größere Mengen Schweine.
Die Schweinehaltung stellte sich später nicht mehr so
lukrativ dar und schon bald wurde der Spruch geprägt:
"De Beamten und de Schwien sünd dan Buern sien Ruien".

Hausschlachtung
Die Maul- und Klauenseuche vernichtete in den 60er
Jahren in Wetzen nahezu den gesamten Schweinebe-
stand und einige Bauern nahmen dies zum Anlaß, sich
gänzlich von der Schweinemast zu verabschieden und
auf Bullenmast umzustellen. Auch marktorientiert stellt
sich die Haltung von Rindern deutlich besser dar als die
Schweinemast.
Melken